Samstag, 10. März 2012

Teil 2, Kapitel 16 - Wasserwerfer und Würste...

"Wahnsinn!!!"

Das war eine der meist geäußerten Beschreibungen von Emotionen
der Menschen, die als erste die von Helmut Kohl und David
Hasselhoff niedergerissene Berliner Mauer von Ost nach West
überquerten.
Satiriker wie Richard Rogler haben dies schon entsprechend
gewürdigt.

Wie komme ich jetzt darauf? Nun, das 20. Jubiläum des nach 1990
im Kalender zementierten "Tags der deutschen Einheit" (zur
Erinnerung: der Name wurde dem 17. Juni geklaut, genau wie
der Feiertagsstatus) trug sich vor zwei Wochen zu.
Ich weigere mich, den Tag so zu bezeichnen und nenne ihn so,
wie er eigentlich heißen sollte: Helmut-Kohl-Gedenktag.
Immerhin wid anläßlich dieses Tags die Einverleibung der
DDR in die Bundesrepublik als das alleinige Verdienst des
Dicken gefeiert. Immerhin hat seine politische Ziehtochter
das Aussitzen schon genauso gut drauf wie er - nur die
legendär komischen Zitate muß sie noch bringen ("Ich bin
sterblich für Nugat" ist eine meiner liebsten Stilblüten
des Oggersheimers, die mal von Klaus Staeck in einem
Zitatenband verschiedener Politiker gesammelt wurden).

In diesem Jahr markierte dieser Tag für mich das Ende einer
zweiwöchigen Urlaubszeit, die ich zu der im vorigen Post
genannten Heilung nutzte, und meinen Blues damit überwinden
konnte. Zwei Wochen außerhalb der "Maschine" mit der Freiheit,
nicht nach den Fahrplänen und Anforderungen der Bürowelt handeln
zu müssen, sondern einfach mal zu leben. So trivial es klingen
mag, aber das konstante Barfußlaufen in dieser Zeit war Teil
des Erholungs- und Heilungsprozesses.

Den Schlußpunkt des Urlaubs setzte ich mit einer persönlichen
Feier von Einheit - der Einheit von Körper, Geist und Seele
zusammen mit einer starken Quelle von Entspannung und Energie:
eine Tantramassage. Da die Massage (wenn gewünscht) auch intime
Berührungen beinhaltet, ist sie - auch aufgrund unseriöser
Anbieter - in eine Schumddelecke gedrängt worden, die ihr in
keiner Weise gerecht wird. Das Studio, in dem ich war (Ayella
in Essen - warum nicht gute Anbieter beim Namen nennen?) hat
in keinster Weise irgendwas mit dem als Massage getarnten
käuflichen Sex zu tun, der zu eben diesem Abschieben in die
besagte Schmuddelecke führte. Hier sind ausgebildete Masseure
(beiderlei Geschlechts) am Werk, die sich der besonderen Art
der Entspannung und Energetisierung widmen. Es ist schon ein
besonderes Gefühl, beim Eröffnungs- und Begrüßungsritual der
Massage mit dem Namasté und dem Gruß "Ich nehme dich so an,
wie Du bist. Ich verehre den Shiva in Dir" empfangen zu werden -
sich so umfangen und angenommen fühlen zu können ist ein Schatz,
wertvoller als Gold und Edelsteine. Es folgte eine Atemmeditation,
die als erste Übung zur Entspannung - sich mit dem Atem der ein-
zelnen Teile des Körpers bewußt zu werden und diese nach und
nach zu entspannen - in mir Erinnerungen an meine Studienzeit
und meine Teilnahme an der englischsprachigen Theatergruppe
unserer Uni wieder wachrief. Die Atemmeditation ähnelte sehr
stark den Entspannungsübungen, die wir auf dem Bühnenboden
liegend vor den Workshops durchführten. Allerdings waren wir
dabei im Unterschied zur Massage bekleidet. Übrigens ist es ein
kurioser Zufall, daß auf der Webseite des Massagestudios Ayella
ein Video verlinkt ist, das über die Erfahrungen einer Frau bei
der Massage in diesem Studio berichtet und das beim Privatsender
Pro7 ausgestrahlt wurde (ich sah mir die Videos erst nach der
Massage an). Die Frau, die dort zu sehen und zu hören ist, war
zu jener Studienzeit eine Kommilitonin von mir, die ebenfalls
Englisch studierte, und mit der ich so manchen witzigen Nachmittag
in der Cafeteria verbrachte. Sie lachte sich total kaputt (was
das Aufsehen der gesamten Cafete auf uns zog), als ich ihr einen
Song von Weird Al Yankovic per Walkman vorspielte... da sie ein
eingefleischter Aerosmith-Fan war (und vermutlich noch immer ist),
schmiß sie sich schier weg über den Text des Songs "Living in the
Fridge" - eine geniale Parodie auf Aerosmith' "Living on the Edge".

Ach, ich schweife ab... aber das macht nichts, denn das Gefühl,
des Hinübergleitens an einen anderen Ort stellte sich auch während
der Massage nach dieser Atemmeditation ein. Ich nahm aus diesem
Erlebnis außer einer umfassenden Muskelentspannung, die mir die
Hände der lieben Masseurin namens Marie bescherten auch eine Menge
an positiver Energie mit, die auch über den Tag der Massage hinaus
noch nachwirkt.

Auch nach meiner Rückkehr in "die Maschine", die jetzt zwei Wochen
zurückliegt (also genau jetzt so lang gedauert hat, wie die Zeit
der Entspannung und des Nachtankens positiver Energien), helfen mir
die Techniken der Atemmeditation und das Visualisieren meines per-
sönlichen paradiesischen Orts, das auch Teil der Massage war, eine
positive Grundstimmung zu schaffen, wenn irgendwelche möglichen
Auslöser eines weiteren Alltags- und Zivilisationsblues auf mich
einströmen. Und bislang gab es derer eigentlich genug, wenn man sich
z.B. die Ereignisse in Ungarn anschaut, wo eine ganze Region unter
den Massen von giftigem Schlamm begraben wurde, der nur aufgrund
der Nachlässigkeit in Sachen Sicherheit zum Zweck der Gewinnmaxi-
mierung aus den schlampig gebauten Haltebecken austreten konnte.
Hier hat das Ergebnis der Gier auch die passende Farbe zur Scheiße,
die von den Verantwortlichen dort angerührt wurde.

Ach ja, Stuttgart 21... das derzeitige Paradebeispiel für den
Umgang der wehrhaften Demokratie mit seinen Bürgern... und zwar
nicht mit Chaoten, schwarzem Block oder Parkaträgern mit zotteligen
Bärten und langen Haaren. Nein, da sind es die ganz normalen Bürger,
die den Bullenknüppel zu spüren bekommen und bei Einsätzen, die die
Politelite als "angemessen" bezeichnen schwere Verletzungen davon-
tragen. Wie eine absurde Show des schlechten Geschmacks mutet es
da an, wenn einige Tage nach den Bildern blutender Rentner und
weinender Bürgerstöchter die Meldung veröffentlicht wird, daß sich
die Länderpolizeien schon auf die neuen, bald gelieferten neuen
Wasserwerfer vom Typ WaWe 10000 Cobra (die Ziffer bezeichnet das
Fassungsvermögen des Wassertanks) freuen...



Hierzu gab es unter anderem diesen Bericht auf Telepolis:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33486/1.html

Baden-Württemberg gehört zu den Bundesländern, die dieses
Fahrzeug, das irgendwie an das Traumfahrzeug eines Terminators
erinnert, als erste erhalten sollen - wie auch Bayern und das
mich beherbergende NRW... Insgesamt 75 Mio. Euronen soll der
Spaß dieser 78 neuen und stylischen Aufruhrbekämpfungspanzer
kosten - die sehr zur Freude der Beamten, die die ersten Modelle
anschauen durften (und laut SPON auch begeistert Erinnerungsfotos
in Positur vor dem Monstertruck schossen) mit Klimanlage und einem
Kühlfach in der Fahrerkabine ausgestattet sind... wenns draußen heiß
hergeht, muß dem Bullen doch seine Limo gekühlt bleiben.

"Die Beamten balgen sich darum, einmal auf dem Kommandoplatz sitzen
zu dürfen, machen Fotos mit ihren Digitalkameras, tasten neugierig
über Metall und Plastik - und posieren vor dem Gefährt für die Kollegen
Zuhause." (zitiert aus: "Der Nassmacher" - Artikel auf:
http://www.spiegel.de/panorama/justi...665006,00.html

Wieder mal willkommen in Absurdistan.

Vielleicht tut der geneigte Beamte ja auch seine Wegzehrung
in das Kühlfach... die Wurst, die ihm Energie und Kraft gibt:



Und auch wenn dieses Bild vom Wurstblog stammt (einer Humorseite),
so ist dieses Produkt tatsächlich kein Fake, sondern auch auf der
offiziellen Prodkutseite des Salamiproduzenten zu sehen...

Irgendwie ist das noch so ein Sahnehäubchen auf die absurde
Torte der letzten Zeit. Zu Thilo Sarrazin verliere ich jetzt
kein Wort - der ist mir das wirklich nicht wert.

In diesem Sinne werde ich mich mal zur Ruhe begeben und
vor dem Einschlafen die Atemmeditation machen, mich auf
meinen persönlichen paradiesischen Ort besinnen, um morgen
früh mit positiver Stimmung wieder in "die Maschine" zu steigen.

Mit nackten Zehen wackelnd,

~*Ganesha*~
__________________

"Life is chaos, chaos is life! Control is an illusion!"
- Trance Gemini

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